Vorbelichtung von Negativen am Beispiel des Ilford XP2 400 Super

... oder die Frage: Wie kann man die Schatten retten?

In dem Post zur Empfindlichkeit des Ilford XP2 400 Super wurde bereits erwähnt, dass wenn man die ISO erhöht, Strukturen in Schattenbereichen nicht mehr sichtbar werden. Das geht so weit, dass man zum Beispiel bei @ISO 3200 unterhalb von Zone IV, also bereits eine Blendenstufe unter dem Messpunkt (Zone V) in den Schatten ersäuft (wie auf den abendlichen Marktbildern in einem früheren Post)

Ich habe ja kaum etwas davon, wenn ich eine "Fake"-Empfindlichkeit einstelle, die der Film nicht liefert und ich nur die oberen Mitteltöne und die Lichter mit Textur abgebildet bekomme. Hilfe ist aber nah und das sehr einfach:

Alle Negativfilme -  SW-Filme, chromogene SW-Filme (der XP2) und Farbnegativfilme basieren auf Silber, welches belichtet wird. Um aber durch Licht aktiviert zu werden, braucht es eine Mindestlichtmenge. Diese Mindestlichtmenge geben wir dem Film vorab und zwar durch eine Vorbelichtung des Negativs.


Ilford XP2 400 Super 
Oberes Bild: mit @400 belichtet
Unteres Bild mit @ISO3200 und Zone II Vorbelichtung

Dass dies recht gut funktioniert, sieht man an meinem U-Bahn Beispiel.

Obwohl das untere Bild etwas "körniger" daher kommt das Negativ ist dünner!) sind die Schattenbereiche doch so gut wiedergegeben, wie bei der Nennbelichtung mit 400 ASA oben.

Ein weiteres Beispiel an einer Tordurchfahrt in Bonn. Um den Effekt deutlich zu machen habe ich die oberen Fensterrahmen angemessen und als Zone VI definiert. Daraus ergibt sich zwangsläufig Zone 0-1 für die Tordurchfahrt, also rabenschwarz, zumal der Film mit @ISO 3200 (!!) belichtet wurde. 
Ilford XP2 400 Super @ISO 3200 OHNE Vorbelichtung
Ilford XP2 400 Super @ISO 3200 MIT Vorbelichtung Zone II
 Wie man sieht, kann man jetzt in die Toreinfahrt reinblicken. Ich habe also einen Film mit Nennempfindlichkeit von ASA 400 mit ISO 3200 Belichtung voll ausgereizt und zwar mit vollem Kontrastumfang von sonst ISO 400!
Wie wir aber schon gesehen haben, ist die Empfindlichkeitsangabe des Ilford XP2 mit ISO 400 herstellerseitig etwas übertrieben und die Schatten leiden. Gerade bei chromogenen Filmen (C-41) werden die Schatten dann sehr unsauber.
Besser man belichtet bei ISO 250!
Dass Vorbelichtung auch hier (und übrigens bei allen Filmen!) funktioniert, zeigen folgende Beispiele:


Ilford XP2 400 Super @ ISO 250, Vorbelichtung mit Zone II, Orangefilter

Der Kopf der Meerjungfrau und die Figur vorne lagen in Zone 0 bis I. Durch die Vorbelichtung wurden die Schatten in Zone II bis III - also mit Zeichnung angehoben, ebenso wie der Einbaum an den Pfahlbauten unten.
Damit schafft man es, dass sowohl Zeichnung in Schatten und Lichtern vorhanden ist.

Ilford XP2 400 Super @ ISO 250, Vorbelichtung mit Zone II, Orangefilter

Vorbelichtung, wie geht das?

Nichts einfacher als das. Ihr benötigt eine Analogkamera mit Mehrfachbelichtungsfunktion und ein Smartphone.

Richtig gelesen: Ein Smartphone! Das verwenden wir nämlich für die Vorbelichtung anstatt eines Stück weißen Papiers oder einer Graukarte. Ein Smartphone hat auch den Vorteil, dass die Lichtmenge konstant ist, unabhängig von der Umgebungsbeleuchtung, also auch für die Dämmerung gut geeignet.


Hier die genaue Vorgehensweise:

1. Kamera auf Mehrfachbelichtung (2-fach) einstellen.
Wenn bspw. eine Kleinbildkamera nicht über eine Mehrfachbelichtung verfügt, kann man auch nach der Vorbelichtung, den Rückspulhebel leicht spannen (nicht zu fest, denn der Film soll ja nur gehalten werden), dann den Rückspulknopf (meist Unterseite) gedrückt halten und gleichzeitig neu spannen für die eigentliche Belichtung.

2. Smartphone mit weißer, heller Oberfläche (z.B. leeres Blatt einer Textverarbeitungs-App).

3. Die Vorbelichtung: Helle Oberfläche des Smartphones direkt an das Objektiv halten und Belichtung messen (der Belichtungsmesser misst ja immer auf Zone V). Würden wir jetzt zur Vorbelichtung auslösen, dann würden wir zu viel Licht abbekommen und das Bild wäre nachher total verschleiert. Also Abblenden und zwar 

ZONE I Vorbelichtung: 4 Blenden (oder entsprechende Zeitstufen) runter. Damit gebt Ihr dem Negativ schon so viel Licht, wie das Silber braucht, um im untersten Schattenbereich der Zone I aktiviert zu werden. Wenn's mehr sein soll:

ZONE II Vorbelichtung: nur 3 Blenden (oder entsprechende Zeitstufen) runter.
Auslösen. Vorbelichtung fertig.

Die Hauptbelichtung auf dasselbe Negativ macht Ihr dann am Objekt- ganz normal, mit normaler Belichtungsmessung.


War doch gar nicht so schwer. Aber bitte nicht übertreiben. Mehr Licht als Zone II Vorbelichtung führt schnell zu Schleiern!
WICHTIG : Die Vorbelichtungszeiten möglichst länger als 1/30s, denn sonst nehmt Ihr das Flimmern des Smartphones auf. Sollte das Display zu hell sein, bitte runterregeln.

Diesen einfachen Trick kann man auf alle Negativfilme anwenden, ohne dass man pushen, d.h. die Entwicklungszeit verlängern müsste. Damit habt Ihr immer ordentlich Reserve und könnt bspw. auf einen ASA 200 Film auch mit ISO 800 belichten und zwar in einer Reihe mit den normalen Aufnahmen, denn die Entwicklung bleibt gleich!

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Eine schöne Zusammenfassung gibt es auch von Wolfgang Mothes als pdf hier

und hier das Video dazu




Zum Abschluss noch einige Impressionen aus dem Babelsberger Park bei Potsdam. Alle Bilder Ilford XP2 400 Super @ISO 1600 VORBELICHTUNG Zone II


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