DeFehr's 510-Pyro: Der Entwickler für hohe Schärfe und ultrafeines Korn


Agfaphoto APX100 @ISO50 in 510-Pyro 1+500 (N)

Es ist einer schlaflosen Nacht zu verdanken, dass ich zufällig diesen Entwickler von Jay DeFehr entdeckte. Pyro-Entwickler sind im Gegensatz zum angelsächsischen im  deutschsprachigen Raum kaum bekannt. Moersch Tanol ist einer dieser hier seltenen Vertreter.

Die Vorteile von Pyro-Entwicklern gegenüber Metol-Entwicklern:

  • Der bei der Entwicklung entstehende Stain (Farbstoff) zähmt die Lichter und macht es daher leichter, Abzüge zu fertigen.
  • Durch das Härten der Gelatine wird die Beweglichkeit des Entwicklers in dieser eingeschränkt, was zu mehr Schärfe führt und dies sogar bei kontinuierlicher Entwicklung (Rotationsentwicklung). Dazu muss der Entwickler als solcher nicht als Schärfeentwickler gekennzeichnet sein, er besitzt diese inherenten Schärfeeigenschaften durch die eingeschränkte Beweglichkeit des Entwicklers an den niedrig-hoch-Kontrastgrenzen.
  • Durch die automatische Härtung entsteht zusätzlich ein Schutz gegen Kratzer, was die Handhabung von Negativen erleichtert.
Diese drei Vorteile sind enorm und verhelfen den Pyro-Entwicklern zu einer Renaissance. Eine der ersten Personen, welche dieses getan hat, ist Gordon Hutchings 1991 mit seiner PMK Rezeptur - eine Mischung aus Metol und Pyrogallol im Verhältnis von 1:10. Für Rotationsentwicklung ist PMK nicht geeignet, da er zu schnell oxidiert, was zu einem ungleichmäßigen Stain führt. Sandy King fand eine Lösung, indem er statt Pyrogallol Brenzkatechin in seinem Pyrocat-HD einsetzte.  Dieser Pyro leistet gute Dienste. Bis heute...

Agfaphoto APX 100 in 510-Pyro 1+300 (N)

Die Vorteile von 510-Pyro darüber hinaus

510-Pyro ist ein Pyro der neuen Generation und baut auf der Idee von Patrick Grainer auf, der organische Lösungsmittel statt Wasser verwendete, um eine Stammlösung herzustellen.
Jay DeFehr

Jay DeFehr, der Erfinder von 510-Pyro, nahm diese Idee auf und kombinierte das Lösungsmittel Triethanolamin (TEA) mit Pyrogallol, Phenidon und Vitamin C.
Die "Hochzeit" dieser Zutaten zeigte sich als ideale Beziehung und ist unter den Entwicklern das "Sahnehäubchen" schlechthin, mit

          • ultrafeinem Korn,
          • höchster Schärfe,
          • homogener Einfärbung (Stain),
          • einer einzigen Stammlösung
          • und extremer Langzeitlagerfähigkeit.
          • Zudem für Rotations- und Kippentwicklung gleichermaßen geeignet und sehr kostengünstig


Agfaphoto APX100 @ISO320 in 510-Pyro 1+100 (N+3)
Pyrogallol alleine ergibt eher eine langsame und instabile Entwicklung mit nur moderater Korngröße, also für Kleinbildnegative nicht sonderlich geeignet. Dadurch, dass Jay DeFehr Phenidon und Vitamin C (Entwickler, welche eine Superadditivität untereinander besitzen) zugab, konnten die Nachteile beseitigt und die besonderen Eigenschaften erzielt werden. Somit ist es auch der KB-Fotografie möglich, zu hoher Schärfe und Auflösung zu kommen. Vitamin C reduziert zusätzlich noch die Oxidation in der Rotationsentwicklung und in der Push-Entwicklung, welche mehr Zeit benötigt.

510-Pyro wird in Verdünnungen von 1+100 (Normalentwicklung) bis 1+500 (Standentwicklung) eingesetzt.1+100 verwende ich bevorzugt bei Kontrastanpassungen von N+2...N+3, da hier die Zeiten sonst zu lang werden und bei Kipprhythmen von 10 Minuten.1+200 ...1+300 empfiehlt sich für Normal- oder Pull-Entwicklung sowie für schnellere Kipprhythmen.Für die Rotationsentwicklung sollte 1+100...1+200 als Verdünnung eingesetzt werden.Die Mindestmenge pro KB Film beträgt 1 ml des Konzentrates.

510-Pyro liefert nicht nur die Vorteile, dass die Lichter über den Stain-Farbstoff kontrolliert werden und dass das  Negativ einen "Antikratzschutz" durch die Härtung erfährt. Ein unmittelbar nach Beginn der Entwicklung einsetzender Oxidationsprozess lässt die Filmgelatine schrumpfen und verleiht ihr dadurch eine dreidimensionale Oberfläche. Im weiteren Verlauf verhärtet sich die Gelatine und bremst dadurch die Lichtempfindlichkeit in einem solchen Masse, dass das Negativ bereits nach Ablauf von ca. 70 % der Entwicklungszeit unter grünem Licht betrachtet und auf seinen Entwicklungszustand hin überprüft werden könnte(!). Darüber hinaus sorgt die verhärtete Gelatine für eine außergewöhnlich hohe Konturenschärfe. Pyrogallol wirkt daher nicht nur gut ausgleichend sondern schafft auch die Quadratur des Kreises (der Heilige Gral der Fotografie): Ultrafeines Korn bei gleichzeitig höchster Schärfe. Und dies speziell mit Fuji Acros und Kodak Tmax, aber nicht nur mit diesen.

Mit Pyrogallol  entwickelte Negative registrieren darüber hinaus in bisher unübertroffener Weise selbst subtilste Lichtunterschiede. Nebel, Gewitterstimmungen und ähnliche Aufnahmesituationen werden einzigartig nuanciert  herausgearbeitet
Es gibt noch einen Vorteil gegenüber PMK und Pyrocat-HD: Man muss vor Gebrauch keine Lösung A und Lösung B mischen. Dadurch, dass die Komponenten in Triethanolamin (TEA) gelöst sind, sind sie gegen Oxidation geschützt. Gleichzeitig ist TEA die für die Entwicklung benötigte organische Base. Aufgrund dieses  organischen Oxidationsschutzes wird auch kein Natriumsulfit, wie sonst in Entwicklern und anderen Pyros üblich, zur Konservierung benötigt. Natriumsulfit führt zu einer physikalischen Entwicklung, d.h. Auflösung und Wiederausscheidung des Silberkorns und damit zur Unschärfe (fein aber unscharf - das bisherige Dilemma).Der Entwickler hält sozusagen "ewig minus einen Tag", sofern er nicht mit Wasser in Berührung kommt (deshalb auch immer bei der Entnahme absolut trockene Spritzen verwenden!)

Agfaphoto APX100 @ISO320 in 510-Pyro 1+100 (N+3)

Zusammensetzung und Herstellung: 

Jay DeFehr hat 2013 die Zusammensetzung des 510-Pyro für eine verbesserte Schattenzeichnung und kürzere Entwicklungszeiten angepasst. Leider beziehen sich die meisten im Internet oder auf Apps verfügbaren Entwicklungszeiten auf die ältere Rezeptur. Im Weiteren bedienen wir uns der neuen Rezeptur, mit der ich diverse Filme eingemessen habe (s.u.). 

  • 100ml Triethanolamin
  • 10g Pyrogallol
  • 5g Vitamin C
  • 0,375g Phenidon  
Sämtliche Chemikalien bekommt man über Fototechnik Suvatlar,Hamburg. Vitamin C als Pulver in der Apotheke.
Insbesondere Pyrogallol ist gesundheitsschädlich und giftig. Wie stets bei dem Umgang mit Chemikalien: spezifische Warnhinweise beachten, persönliche Schutzausrüstung (Staubmaske, Handschuhe, Schutzbrille). Nicht in Bereichen arbeiten, wo Lebensmittel gelagert oder hergerichtet werden!
Eine  Mikrowelle hat sich als besonders geeignet zur Herstellung des 510-Pyro erwiesen. Es gibt ab 1€ gebrauchte Mikrowellen bei ebay & Co., so dass man nicht auf die Küchenmikrowelle zurückgreifen muss. 
Alternativ könnte man die Mischung auch in einem Wasserbad erwärmen, wovon ich aber abrate, da Triethanolamin stark wasseranziehend ist und durch geringste Spuren an Wasser die Haltbarkeit von 510-Pyro stark reduziert wird.
Aus praktischen/wirtschaftlichen Gründen setze ich immer die 4fache der oben angegebenen Menge an, auch weil es die teuerste Komponente Pyrogallol als 40g Gebinde bei Suvatlar gibt.

Wir benötigen: 

  • eine Feinwaage mit einer Genauigkeit von 0,01 g, die aber auch bis 500 g messen sollte (~10€). Ich habe z.B. seit Jahren diese hier.
  • eine Mikrowelle
  • ein Einmachglas zum Anmischen und Aufheizen in der Mikrowelle
  • mehrere Edelstahl- oder Kunststofflöffel zum Dosieren und Rühren
  • Thermometer
  • Handschuhe, da die Mischung auf bis zu 80°C aufgeheizt wird.
  • eine 0,5 Liter Braunglasflasche zum Aufbewahren des fertigen Entwicklers
  




Pyro-Entwickler färben sehr stark, deshalb ist neben der oben genannten Schutzausrüstung zusätzlich ein Kittel empfohlen. Frischen Entwickler auf Kleidung sofort mit saurem Reinigungsmittel (Zitronen-, Essigreiniger) auswaschen. Auf keinen Fall mit alkalischen Seifen, Waschmitteln, etc., denn dadurch wird der Entwickler aktiviert!


Ilford Delta 100 in 510-Pyro 1+100 (N)

Die Schritte sind:




  1. Vorgelegen des Triethanolamins (TEA) entsprechender Menge. Man kann volumetrisch abmessen oder einwiegen. 100ml entsprechen 113g.
  2. Abwiegen aller sonstigen chemischen Komponenten. Insbesondere das Phenidon muss sehr genau abgewogen werden!
  3. Einrühren der Komponenten in das kalte(!) TEA. So lange rühren, bis keine Klumpen mehr vorhanden sind. Besser länger rühren, denn das spart nachher beim Auflösen im warmen TEA Zeit. Das kalte TEA besitzt eine hohe, sirupartige Konsistenz. Dadurch sind die Scherkräfte beim Rühren höher und die Komponenten werden leichter dispergiert. Insbesondere das Vitamin C neigt im warmen TEA zur Verklumpung und löst sich dann schlecht.
  4. Erwärmen der Mischung in der Mikrowelle. Bitte nur stufenweise auf 70 - 80°C aufheizen. Nicht überhitzen! Temperatur zwischendurch kontrollieren!
  5. Glas aus der Mikrowelle nehmen und kontinuierlich rühren, auch an den Rändern, bis die Mischung auf ca. 60°C abgekühlt ist. Schritt 4. wiederholen, bis sich alles gelöst hat und die Lösung klar ist. Das ist der langwierigste Part und kann bis 30 Minuten dauern und 3-5 Aufheizzyklen benötigen.
  6. Nach dem Abkühlen, den Entwickler in die Braunglasflasche füllen, über Nacht ruhen lassen

Entwickeln mit 510-Pyro

Zunächst ein paar wichtige Hinweise:

  • Nach der Entwicklung darf kein Stoppbad eingesetzt werden, denn die Säure löst den durch die Entwicklung erzeugten und gewollten Stain/Farbstoff heraus. Die Entwicklung wird daher durch 2-3 maliges Wässern unterbrochen.
  • Es dürfen auch keine üblichen, sauren Fixierer (z.B. Adofix) verwendet werden, sondern nur neutrale (z.B. Rollei RXN) oder basische/alkalische (z.B. Moersch ATS) Fixierer zum Einsatz kommen.
  • Der Entwickler sollte in demineralisiertem Wasser (Bügelwasser) angesetzt werden. Kalk im Wasser reduziert die Filmempfindlichkeit!
  • Zum Dosieren unbedingt (trockene!!) 1ml Spritzen verwenden, da die Dosierung genau erfolgen muss. Erwärmen des Entwicklers auf 30-40 °C in der Mikrowelle (Kunststoffkappe abschrauben!) erleichtert die Dosierung, da dünnflüssiger.
    Ich bin zur gravimetrischen Dosierung übergegangen. 1ml entspricht 1,22g an 510-Pyro.
  • Der Entwicklersirup ist schwerer als Wasser. Deshalb sehr gut umrühren und mit dem Rührstab/Löffel auch an den Gefässrändern und dem Boden entlang fahren.
  • Insbesondere bei hoher Verdünnung unmittelbar mit der Entwicklung beginnen.


Kodak Tmax400 @ ISO1250 in 510-Pyro 1+100 (N+3)
Die Filme:

Beispielsweise der Agfaphoto APX100 läuft im 510-Pyro zu Hochform auf.
Hier die Scans von Abzügen: 

Oberes Bild Vergrößerung 4,3 fach, also 10,3 x 15,5 cm
Unterer Ausschnitt Vergrößerung 16 fach, also 38,4 x 57,6 cm


Agfaphoto APX100 @ISO50 entwickelt in 510-Pyro
Vergrösserung oben 4,3-fach, Vergrößerung unter 16-fach

Selbst wenn man sich die Vergrößerung eines KLEINBILDFILMS nochmal mit einer 10fach Lupe anschaut, was einem Bild von 3,8 x 5,7 m (!) entsprechen würde, kommt man eher an die Auflösungsgrenze der Optik, als dass man deutlich Korn wahrnimmt.

Agfaphoto APX100 @ISO50 entw. in 510-Pyro
Vergrößerung Abzug + Lupe 160-fach

Der Kodak Double-X 5222 kommt ebenfalls sehr gut in 510-Pyro 1+100. Die Tonwertübergänge sind sehr weich. Hier ein Vergleich zur Entwicklung in Rodinal. Mikroskopvergrößerung ist 50x, was einem Abzug von 180x120 cm vom 35mm Negativ entsprechen würde. Also mit 510-Pyro durchaus möglich!



Der 510-Pyro ist für feines Korn konzipiert und deshalb für 400er Filme mit normalem Korn nicht (z.B. Bergger Pancro 400) oder nur bedingt (z.B. Ilford HP5+, Agfaphoto APX 400, Tri-X 400) geeignet. 
Sehr gut lassen sich hingegen die Flachkristaller Kodak Tmax400 oder Ilford Delta400 entwickeln.
Da das Einmessen von Filmen mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden ist, habe ich 510-Pyro in der Konzentration 1+100 verwendet und nach einer Minute Initalkippen über die Restzeit mit 1x alle 10 Minuten gekippt. Alle Zeiten wurden auf 20°C normiert.

Bei N+/- handelt es sich um die klassische Kontrastanpassung, nicht um Push/Pull. Das bedeutet, dass ich pro N eine Tonwertspreizung (N+)  oder Tonwertkompression (N-) von jeweils 1 Blende bekomme. Bei Push/Pull wären es 2 Blenden. Aus diesem Grund sind auch die ISO-Korrekturen hier nicht so hoch.




Entwicklungdaten für den Tmax 100 gibt es hier.


Für folgende Filme liegen zur N-Entwicklung nur Einzeldaten bei 20°C vor:


Rollei RPX 25:

510-Pyro 1+150, Gesamt 8:45. 1. Minute initial, Restzeit je 1x pro Minute

Ilford HP5+:
510-Pyro 1+100, Gesamt 17:00. 
1. Minute initial, Restzeit je 1x pro 10 Minuten

Tmax P3200:
Hier bitte die höheren Konzentrationen und Temperaturen beachten!

Entwicklung, wie gehabt, im 10 Minuten Kipprhythmus, davon die 1. Minute kontinuierlich

Tmax P3200 @ ISO 800 (geringes Korn)
510-Pyro 1+50 @ 20°C , insgesamt 19:46 Minuten

Tmax P3200 @ ISO 3200 (mittleres Korn)
510-Pyro 1+50 @ 29°C, insgesamt 53:15 Minuten

Tmax P3200 @ ISO 6400 (gröberes Korn, aber volle Tonalität)
510-Pyro 1+25 @ 29°C, insgesamt 47:15 Minuten



Kodak Double-X 5222 @ ISO 125



Wie rechne ich die Zeiten für andere Verdünnungen um?
Dazu werden die 1+100 Zeiten entsprechend mit dem Verdünnungsfaktor multipliziert. Also bei 1+200 Verdünnung 2x länger, bei 1+300 Verdünnung 3x länger,....
Wie sind die Entwicklungszeiten bei anderen Kipprhythmen oder bei Rotationsentwicklung?
Der hier gewählte 10 Minuten-Kipprhythmus ist auch ein Kompromiss für den Einfluss unterschiedlicher Dosen und Dosenbeladung.
Gemessene Zeiten für andere Kipprhythmen oder die Rotationsentwicklung liegen (noch) nicht vor.  Als grober Anhalt kann nach der 1. Minute Initalkippen der Verkürzungs-/Verlängerungsfaktor von anderen Entwicklern, ausgehend von 10-Minuten Kipp dienen.
Ändert sich die Form der Dichtekurve bei anderen Kippryhthmen oder Verdünnungen?
Nein. Das ist einer der Vorteile von 510-Pyro, dass die Kurvencharakteristik konstant bleibt. Die Entwicklungszeiten müssen natürlich entsprechend angepasst werden.
Bei höheren Verdünnungen 1+300...1+500 kann es zu einer vorzeitigen Erschöpfung des Entwicklers aufgrund von Luftoxydation kommen, was zu einer Abflachung der Dichtekurve und damit zu einer verstärkten Lichterdeckelung führt, die ggf. auch gewünscht ist (Ausgleichsentwickler). Den Grad der Oxydation erkennt man an der Schwarzfärbung des Entwicklers.
Sollte man vorwässern?
Nach Belieben. Ich persönlich habe keine Unterschiede bei einer Verdünnung 1+100 festgestellt. Bei höheren Verdünnungen kann es ratsam sein.
Kann ich mehrere Filme gleichzeitig entwickeln und gibt es eine Mindestmenge an 510-Pyro für die Entwicklung?
Ja, 1ml pro KB-Film.
Wie ändern sich die Entwicklungszeiten für andere Temperaturen?
Genau so, wie auch für andere Entwickler gemäß der Ilford-Tabelle.


Quelle: Dr. Otto Beyer

Ilford HP5+ 400 in 510-Pyro (N)
Das obige Bild zeigt einen 400er, nämlich den Ilford HP5+, welcher bei Nennempfindlichkeit sehr gute Ergebnisse abliefert. Von den "Normalkristallern" ist der HP5 eher noch geeignet, allerdings nicht mehr für N+, denn dann verliert er deutlich an Schärfe.

Spielt die Dosenbeladung, das Filmformat eine Rolle?


Pushen

Optimal zum Pushen sind ausschließlich die Flachkristaller Tmax 400 bis ~ ISO 3200 und der Ilford Delta 400 bis ~ ISO 1600.
Der neue Tmax P3200 ist auch geeignet. Er hat allerdings eine Nennempfindlichkeit von ISO 800 (lt. Kodak) und sollte deshalb nur bis ISO 3200 gepusht werden.  ISO 6400 ist auch möglich bei noch großem Tonwertumfang, ggf. darüber hinaus, wird aber im KB-Format dann schon recht körnig.

Kodak Tmax 3200 neu @ ISO 800 (N), entw. in 510-Pyro
Die Aufnahme wurde für eine bessere Zeichnung mit einem Blaufilter gemacht.


Pushen von T-max 400 in 510-Pyro


Der T-Max 400 zeigt bei der Kontrastanpassung ein absolut lineares Verhalten hinsichtlich der Verlängerungszeiten wie kein anderer Film. Bei allen anderen Filmen geht mit steigender ISO der Verlängerungsfaktor gegen unendlich.
Das kann dazu verwendet werden, über die ISO 1250 hinaus zu gehen, die ich zum Einmessen verwendet habe.
Der Verlängerungsfaktor lässt sich einfach nach der Formel (N=1) in der Grafik berechnen.
Die Grundentwicklungsdaten sind hier in der Gruppe (Dateien) hinterlegt.
Beispiel: 510-Pyro 1+100 @ 20°C, 10 Minuten Kipprhythmus: 30:45 Minuten.
Ziel: ISO 1600.
Verlängerungsfaktor aus der Formel: 2,9!
Entwicklungszeit also 89:15 Minuten.
1. Statt 10 Min. Kipp nun 1 Min. Kipp (Faktor 0,57) -> 50:45 Minuten.
2. Statt 510-Pyro 1+100 nun 1+25 (Faktor 0,25) -> 12:45 Minuten
(Bei 1+25 und 250 ml Entwickler sind das 2,40€ Entwicklerkosten. Man kann aber sicher 3 Filme nacheinander darin entwickeln. Es ist genug "Dampf" drin. Allerdings nur so lange lagern, wie er nicht oxidiert, d.h. schwarz wird)
3. Statt 20°C nun 24°C -> 8:45 Minuten
(Im Bereich um 10 Minuten hält eine Dose gut die Temperatur von 24°C (mit 24,5-25°C vorwässern))


Pushen von Ilford Delta 400 in 510-Pyro

Der Delta 400 zeigt ein nicht so ausgeprägtes lineares Verhalten, wie der Tmax 400. Die Zeiten nehmen mit höherer ISO stärker zu. Deshalb sollte man sich auf ~ ISO 1600 beschränken.


Lichterdeckelung/Ausgleichentwicklung


Wie man an dem Bild unten erkennt deckelt der 510-Pyro in der Verdünnung 1+100 die  Lichter recht gut bei dem Agfaphoto APX 100, aber auch bei dem Rollei RPX 25.


Rollei RPX25 in 510 Pyro 1+150 (N)
Agfaphoto APX 100 @ISO320 in 510-Pyro (N+3)
Dieses Bild zeigt trotz N+3-Entwicklung die sehr gute Lichterdeckelung
Bei den meisten Filmen verläuft die Dichtekurve allerdings linear, wie z.B. bei dem Ilford FP4+
Um hier zu einer Lichterdeckelung zu kommen kann man sich der Zweibadmethode bedienen.

510-Pyro Zweibad

Zweibadmethoden beruhen im u.a. darauf, dass man die Emulsion zunächst mit dem Entwickler aufläd (Bad A) und zunächst die Entwicklung der Schatten und unteren Mitteltöne erfolgt. Bevor nun die Lichter zu dicht werden wechselt man in ein alkalisches Milieu (Bad B).

Im alkalischen Milieu wird der noch in der Emulsion vorhandene Entwickler aufgebraucht, reicht aber nicht mehr, um die Lichter voll durch zu entwickeln.

Die Zweibadentwicklung erlaubt es somit Schatten und Lichter getrennt (!) zu entwickeln.

Hier hat man ein breites Experimentierfeld.

Ich möchte dies nun einmal am Ilford FP4 verdeutlichen:

Wie halten uns an die Entwicklungzeit für das Einbad und teilen dies auf

Ilford FP4+ @ISO 125 (N) in 510-Pyro 1+100
Kipprythmus 10 Minuten, davon die 1. Minute Initialkipp würde eine Gesamtentwicklungszeit von ~20:30 Minuten ergeben.

Dies teilen wir wie folgt zu jeweils 50% der Zeit auf:

Bad A: 510-Pyro 1+100  10:15 Minuten mit 1. Minute Initialkipp


danach Bad A vollständig ausgießen und Bad B eingießen. Nicht zwischenwässern! Keine Initialbewegung bei Bad B! 
(Bei Initialkipp würde der Entwickler von Bad A aus der Emulsion ausgewaschen) 

Bad B: TEA (Trieethanolamin), d.h. nur die alkalische Lösungsmittelkomponente von 510-Pyro, ohne Entwickler auch in der Verdünnung 1+100.
Ebenfalls 10:15 Minuten, jedoch dieses Bad ohne 10 Minuten Kipprhythmus, nur 1x zu Halbzeit zwecks Vergleichmäßigung kippen, d.h. nach ca. 5 Minuten.

Danach stoppen (mit Wasser) und alkalisch/neutral fixieren.

Wie man an der Dichtekurve erkennt, flacht diese ab etwa Zone V ab, es erfolgt eine Lichterdeckelung. Durch verkürzen von Bad B kann man diese ggf. noch verstärken. Die Schattenzeichnung ist voll vorhanden!

Ilford FP4+ @ISO125   Zweibad 510-Pyro/TEA


Ilford FP4+ @ISO125   Zweibad 510-Pyro/TEA
Ilford FP4+ @ISO125   Zweibad 510-Pyro/TEA
Ilford FP4+ @ISO125   Zweibad 510-Pyro/TEA

Den 510-Pyro habe ich auch für ein alternatives Belichtungs- und Entwicklungsverfahren nach Mortensen mit Erfolg eingesetzt. Der Artikel dazu befindet sich HIER.



Weblinks

Weitere Bilder und Informationen gibt es in Jay DeFehr's 510-Pyro Gruppe

Hier noch ein schöner Entwickler-Vergleich zwischen 510-Pyro und "Metonal" mit dem Foma Retropan 320 von Fausto Saporito.

Foma Retropan 320 entwickelt in 510-Pyro

Foma Retropan 320 entwickelt in Metonal
Metonal: 40 g Metol, 85 g Natriumsulfit, 38 g NaOH, Wasser auf 1 Liter
(zu verdünnen, wie Rodinal)


Kommentare

  1. Hallo Rüdiger, jetzt bin ich durch diesen Artikel so neugierig geworden auf diesen Entwickler, dass ich mir aus dem fernen England gerade ein 100ml Probefläschchen kommen lasse. Im Kopf hatte ich zunächst, ihn mit Delta100/400 zu testen und werde das auch tun. Zusätzlich bin ich jedoch auch noch bekennender CMS20II Fan. In Deinem Artikel über die Methode Mortensen findet sich nun jedoch der Hinweis, dieser Film eigne sich nicht für 510 Pyro. Welchen speziellen Hintergrund hat das bzw. hattest Du besonders schlechte Ergebnisse erzielt im Test?

    Grüße und Danke für die tollen Artikel!
    Chris

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    1. Hi Chris,

      ich hoffe der Entwickler aus England funktioniert. Oftmals wird abgelaufenes Phenidon aus diffusen Quellen eingesetzt (Kosten), dann bekommt man mit meinen Zeiten fast blanke Negative.

      Mikrofilme wie Adox CMS 20II sind ein Sonderfall. Die lassen sich grundsätzlich nicht in 510-Pyro entwickeln, dafür ist der Vitamin-C Gehalt darin zu hoch und die Dichtekurve steilt stark an. Besser für den CMS 20II ist Caffenol CL oder POTA.

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    2. Hallo Rüdiger,
      hier noch ein sehr verspätetes Danke für die Antwort.

      Der 510 Pyro aus England funktioniert hervorragend und nach "Einstellen" der Entwicklungszeiten und Belichtungszeiten für meine hauptsächlich genutzten (Immerdrin)Filme Ilford Delta400 und Delta100 auf meine Umgebungsbedingungen bin ich wirklich sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Besonders in der Dunkelkammer machen die Negative eine gute Figur und sind ohne große Korrekturen sehr einfach bei Gradation 2 abzuziehen. Künstlerische Anpassungen mal außen vor gelassen.

      Für den tollen CMS20II setze ich weiterhin auf den AdotechIV und habe wegen der tollen Ergebnisse damit auch andere Entwickler noch nicht versucht.

      Grüße
      Chris

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    3. Freut mich. Deine englische Quelle (James Lane?) und ich sind im regen Austausch. Er bekommt derzeit seine Chemie von Suvatlar, Hamburg.

      CMS 20 II.
      Der Adotech Entwickler hat den Nachteil, dass er sehr bewegungsempfindlich reagiert.

      Mit Caffenol CL ohne KBr im Semistand bringt erdeutlich bessere Tonwertübergänge und entwickelt relativ weich. Dito POTA, allerdings mehr Mikrostruktur (eher für Architektur, etc.) und noch stärkerer Lichterdeckelung.

      Ich schreibe hier demnächst einen Beitrag dazu..



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    4. Genau richtig getippt, James Lane heißt der Gute. Bei nächster Gelegenheit muss ich wohl auch wieder nachbestellen. 100ml reichen trotz der hohen Verdünnung doch nicht ganz so weit, wie man meint und nach ca. einem Jahr haben bei mir dann doch schon so einige Rollen/Blätter in 510 Pyro gebadet.
      Wäre halt nur schön gewesen, wenn das auch mit dem CMS20II funktionieren würde.
      Auf den Artikel zum Caffenol CL bin ich dann mal schon vorgespannt.

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  2. Hallo Herr Hartung, das liest sich auf den ersten Blick sehr interessant. Nach über 20 Jahren fange ich gerade wieder mit dem analogen Fotografieren auf 4x5 an. Ich benutze zum Anfang HP5 und Adox CHS II. Als Entwickler habe ich Pyrol P2 von Franalog was meiner Einschätzung nach ABC Pyro entspricht. Der einzige Unterschied ist wohl das das Natriumsulfit nicht als Voratslösung angesetzt wird, sonder der Arbeitslösung als Pulver hinzugefügt wird. Wohl aus Haltbarkeitsgründen…
    Eigentlich bin ich mit den ersten Ergebnissen recht zufrieden aber der Pyro510 mit nur einem Vorratskonzentrat und der langen Haltbarkeit hört sich doch sehr praktikabel an. Haben Sie Vergleichserfahrungen mit ABC Pyro <-> Pyro 510? Wie schätzen sie die Eignung als Standardentwickler für klassische Filme wie HP5, FP4 oder Adox CHS II ein? Ich möchte mich am Anfang ungern mit zig Pyrovarianten verzetteln...
    Vielen Dank
    Beste Grüße
    Sönke D.

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    1. Hallo Sönke,
      ich habe bislang nur 510-Pyro verwendet. Zum Einen kann man den verdünnen und änsert dabei den Verlauf der Dichtekurve nicht. Außerdem ost er für Stand-, Kipp- und Rotationsentwicklung geeignet.

      Alle genannten Filme können verwendet werden.

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    2. Vielen Dank Rüdiger.
      Meine erste Bestellung bei Suvatlar habe ich platziert.
      Kennst Du eine Fixiererformel zum Selbstansetzen der den Stain gut erhält und möglichst wenig stinkt?
      Ich dachte mir, wenn ich schon den Entwickler selber ansetze, warum nicht auch den Fixer…
      Hast du Erfahrungen mit FP4 und HP5 in Sachen Rollfilm vs. 4x5 Planfilm?
      Sind die Emulsionen bei gleichen Entwicklungsbedingungen recht unterschiedlich?
      Oder kann ich Rollfilm in meiner Sinar mittels Rollfilmrückteil eintesten und die Werte dann auf den Planfilm übertragen?
      Vielen Dank und
      Beste Grüße
      Sönke

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    3. Kodak TF2
      250 g Natriumthiosulfat (125g wenn wasserfrei-eher selten)
      15 g Natriumsulfit
      10 g Natriummetaborat
      1000 ml Wasser. Warm.machen, kühlt beim Lösen stark ab.

      Entwicklungszeiten KB auf MF sind übertragbar. Oben in der Tabelle die für FP4+ sind etwas hoch. Gibt Gamma 0.72. Für Gamma 0.55 eher Richtung 16 Minuten.

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  3. Hallo Rüdiger, hast Du jemals einen Versuch mit APX 25 in 510Pyro gemacht?
    Falls ja, was würdest Du als ISO und Entwicklungszeit versuchen?
    Vielen Dank
    Beste Grüße Sönke

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    1. Filme, die nicht mehr produziert werden, messe ich nicht ein. Wenn man mit dem Einmessen durch ist, ist der Vorrat alle.

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    2. Alles klar, dann mache ich mal einen Versuch aus dem Bauch heraus.
      Bei 40 Filmen werde ich schon noch welche für echte Bilder über haben…

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